WEIN-INVESTMENT • WEIN ALS WERTANLAGE


von Werner Feldner

Aller Anfang ist schwer

Das Thema Wein beschäftigt seit Jahren nicht nur die Genießer dieses Getränks. Nein, vielmehr und zunehmender Weise Konsumenten und Händler die Wein als Spekulationsobjekt betrachten. Aus einem bestimmten Grund. Wein ist nicht vermehrbar. Was ich meine sind Kultweine aus bestimmten Topjahrgängen, die von Tag zu Tag weniger werden und natürlich nicht nachproduziert werden können wie Apfelsaft. Viele dieser Weine finden noch den Weg durch die Kehle eines Weintrinkers, aber zum Leidwesen der Produzenten wandern immer mehr Flaschen in die Keller von Sammlern und Investoren. Wein wird seit Jahrhunderten gemacht und seit Jahrzehnten mit Gewinn und Verlust – fast wie an der Börse – gehandelt. Im Zeitalter des Internets ist ein wahrer Boom entstanden. Das Thema Wein gehört heute genauso zur Allgemeinbildung wie das Wissen wer Fußball-Weltmeister ist. Wobei für Weininvestoren zweiteres nicht so wichtig ist, denn die wahren Weltmeister sitzen für Weinfreaks im Bordeaux, Burgund oder anderen Weinregionen. Allein die vielen Anbaugebiete und die noch größere Anzahl an Produzenten in jeder Region machen die Vorstellung in Wein zu investieren zu einer fast unüberwindbaren Hürde. Also wo anfangen?

Rechts der Gironde entstehen so genannte Blue Chip Investmentweine (die man auch trinken kann!)

 

Warum Wein?

Ein Freund von mir hat eine kleine Jacht gekauft, viel Liebe und Zeit für Verbesserungen in diese investiert und 2 Jahre später um weniger als die Hälfte wieder verkauft. Wenn Sie ein Auto kaufen – auch wenn es ein Luxusschlitten ist - ist dieses bereits um einiges weniger Wert, wenn Sie die Verkaufshalle des Händlers verlassen. Haben Sie schon versucht die Goldmünze die Sie gestern gekauft haben, heute zu verkaufen? Sie werden Geld verlieren. Und Wein? Auch hier ist nicht alles Gold was glänzt. Trotzdem sind es eine handvoll Weine die mehr oder weniger von selbst teurer werden. Ganz ohne Risiko. Allerdings mit viel Aufwand. Leider bekommt man diese Weine aber nicht wie eine Aktie oder einen Golddukaten bei der Bank. Deshalb stellt die Beschaffung der gewinnträchtigen Kultweine das Hauptproblem dar. Wein als Wertanlage ist jedoch mit dem nötigen Wissen seit mehr als 50 Jahren wesentlich erfolgreicher als etwa Aktien. Die Anbauflächen dieser Kultgetränke sind seit ca. 200 Jahren gleich. Und damit sind auch der Produktion Grenzen gesetzt. Gleichzeitig wächst aber der Bedarf. Und wie jeder Laie weiß, bestimmt immer noch Angebot & Nachfrage den Preis einer Ware. So auch beim Wein! Die Grafik unten zeigt den Wertzuwachs eines Blue Chip* Weins nach Auslieferung durch die Negociants (frz.: Händler). Mouton Rothschild 2000 erhielt 97+/100 Parker und ist sicher nicht der „Top“ Anlagewein - wie etwa Lafite Rothschild 2000 oder Petrus 1990 - und trotzdem stieg der Preis in den letzten 6 Jahren um 175,91%. Die beginnende Trinkreife dieses Weins wird einen weiteren Preisschub ermöglichen.

 

* aus dem Börsenbereich: Aktie mit hoher Marktkapitalisierung Blue-Chips werden ausschließlich von Unternehmen ausgegeben, die weltweit einen guten Ruf haben und durch ihren hohen Ertrag überzeugen.

 

Welcher Wein?

Wie ich eingangs erwähnte sind es eine handvoll Weine die sich zur Wertanlage eignen. Auf alle Fälle sei vorweg gesagt, dass es keinen einzigen Wein gibt der über Nacht den großen Gewinn bringt. Auch nicht die Blue Chips unter den Weinen. Aber dazu später. Es sind verschiedene Kriterien die einen Wein zum Investmentgut machen. Dies sind:

  1. Name und Klassifizierung: Wenige Topweingüter aus Bordeaux, Romanée Conti aus Burgund und für die kleine Börse auch Kultweine aus Italien. Alle anderen Länder würde ich nicht als Investmentweine kaufen. Begründung folgt im Abschnitt. Einkauf-Verkauf.
  2. Bewertungen: Nur Weine mit 96-100 Punkte vergeben von den  besten Kritikern, allen voran Robert Parker taugen als Investmentweine. Blue Chips haben mit wenigen Ausnahmen 99/100 oder 100/100 Punkte. Nicht zu unterschätzen sind im deutschsprachigen Raum die Bewertungen von Rene Gabriel. Sein 20/20 Punkte System ist zwar nicht sehr beliebt, wird aber durchaus geschätzt, da er den europäischen Geschmack mit seinen Bewertungen eher trifft, als die amerikanischen Pendants.
  3. Haltbarkeit: Entscheidend für Investoren ist, wie lange ein Wein in der Flasche haltbar, sprich: genußreif ist. Niemand würde langfristig in einen Wein investieren der eine kurze Lebensdauer hat. Deshalb ist das Bordelais die erste Adresse! Auch 100jährige Weine wurden aus diesem Gebiet noch für schön trinkbar erachtet.
  4. Jahrgang: Ein wesentlicher Faktor! Auch wenn viele Autoren das anders sehen gibt es für mich bis dato nur wenige Jahrgänge die ich empfehlen würde. Aus Bordeaux die Jahrgänge 1982, 1989, 1990, 2000, 2003 und 2005, sowie aus Burgund (Rotweine) 1985, 1990, 1996, 1999, 2003 und 2005. Zurückliegende Jahrhundertjahrgänge würde ich nicht mehr empfehlen. Schlicht und einfach deshalb, weil es einfacher und sicherer(!) ist 3 Flaschen Petrus 2005 zu kaufen, als zum selben Preis nur 1 Flasche Petrus 1961. Es nützt der beste Wein des Jahrtausendjahrgangs 1961 wenig, wenn man kaum einen dieser Kultweine kaufen kann. Oder – wie man oft liest – eine Fälschung erwirbt. Die echten Superstars dieser Jahrgänge sind ohnehin in „fester Beziehung“!
  5. Kult und Tradition: 2 elementare Entscheidungshilfen. Würden Sie Ihr Geld in einen unbekannten Wein investieren, weil dieser von Parker 100 Punkte erhalten hat? Wohl kaum, außer für das Candle-Light Dinner am Wochenende. Jeder Investment-Wein braucht auch eine gewisse Tradition! Der Name ist beim späteren Verkauf entscheidend. Diesen erlangt man nicht mit einer Bewertung sondern durch jahrzehntelange Topqualität.

Blue Chips in der OHK

Einkauf – Verkauf

Wie wichtig der Einkauf der richtigen Weine ist bemerkt man erst wenn man diese auch wieder verkaufen will. Durch das Internet ist heute ein Sekundärmarkt für Weine entstanden den es vor 10 -15 Jahren noch nicht gab. Auktionshäuser wie die weltweit wichtigen Christies und Sotheby’s, aber auch eBay, Koppe & Partner, MWC oder Wermuth, Steinfels in der Schweiz verkaufen jährlich Weine für mehrere Millionen Euro. Trotzdem kann unter dem Strich ein Minus entstehen,  wenn man aufs falsche „Pferd“ setzt. Auktionsgebühren, Kellereinrichtung, Lagerhaltung  und andere Nebenkosten lassen eine gute Rendite schnell schwinden. Die Mindestanlagedauer bei Kultweinen sollte 5 – 10  Jahre sein. Dann ergibt sich ein schönes Plus mit den richtigen Weinen, wie auch Experten wie Jan-Erik  Paulson (RareWine) oder Michael Broadbent (langjähriger Experte und Berater bei Sotheby´s) bestätigen. Warum 5 – 10 Jahre? Weil das die ungefähre Dauer ist, bis die  Spitzenweine zur ersten Trinkreife gelangen. Dann steigt die Nachfrage nach solchen Weinen und mit jeder getrunkenen Flasche auch der Preis. Wo einkaufen? Am besten direkt bei einem Händler, da es die Investment Weine nicht ab Hof gibt! Oberstes Gebot: Blue Chips niemals bei eBay kaufen, außer ein Händler bietet über diese Plattform Original Holzkisten (OHK) mit Herkunftsnachweis an. Generell sollte man versuchen Anlageweine nur in OHKs zu erwerben und zu lagern. Beim Wiederverkauf werden Sie feststellen, dass 12 Flaschen in der OHK um einiges mehr bringen als 12 Einzelflaschen. Genauso verhält es sich mit Großflaschen. Ein Petrus 1990 in der Magnum (1,5l) kostet ca. 7000.- Euro. Dieselbe Menge in der Normalflasche, also 2x 0,75l kosten ca. 6000.- Euro. Aber auch mit weniger teuren Weinen lässt sich kurzfristig gutes Geld machen. Wer hätte sich gedacht, dass eine Flasche Masseto 2001 binnen 5 Jahren eine Wertsteigerung von mehr als 200% bringt! Kostete der Wein 2003 „nur“ 150.- Euro, muss man heute mehr als 500.- beim Händler zahlen. Dass die 100 Punkte für diesen Wein nicht von Parker stammen (98/100), sondern von WineSpectator, sei nur nebenbei erwähnt. Also mit viel Geduld und ständiger Beobachtung des Marktes lassen  sich auch abseits der Bordeauxgranden schöne Renditen erzielen. Allerdings zu glauben, dass bestimmte Weine zu kaufen und nach 10 Jahren wieder zu verkaufen das große Geld bringen, wäre zu einfach. Dazu später. Weine aus Italien, Spanien oder der Neuen Welt sind aus meiner Sicht keine guten Wertanlagen. Aber wie ist es mit Kultweinen wie Sassicaia, Solaia, Vega Sicilia, Grange und wie sie alle heißen? Langfristig sicher nicht! Die italienischen Weine haben mit ganz wenigen Ausnahmen einen großen Nachteil: sie sind nicht langlebig genug. Kaufen Sie ältere Jahrgänge und versuchen diese in 10 Jahren mit Gewinn zu verkaufen. Das ist für die noch verfügbaren fast unmöglich. Ein weiterer Punkt sind die eher seltenen 98-100 Punkte für Kultweine mit langjähriger Tradition. Der einzige Sassicaia der je diese Punktezahl erhielt war der 1985er mit 100/100. In der Neuen Welt gibt es jede Menge Luxusweine. Screaming Eagle aus Napa Valley ist zum Beispiel teurer als die meisten Petrus. Trotzdem ist die Nachfrage nur in den USA sehr groß, aber die Produktion mit ca. 600 Kisten sehr klein. Penfolds´ Grange stellt eine Ausnahme in der Neuen Welt dar, aber wenn man die Wertzuwächse der vergangenen 6 Jahre beobachtet, so hätte man mit einem normalen Sparbuch mehr lukriert.

 

Sichere Renditen mit den Premiers Grands Crus Classes


Teure Nebenkosten!

Wichtig für eine Entscheidung in Wein zu investieren ist auch das Wissen um die Nebenkosten. Kultweine, die nach 10 Jahren mit Gewinn verkauft werden können, brauchen die richtige Lagerung. Käufer für Blue Chip Weine hat es immer gegeben und wird es immer geben. Aber genauso auch die Frage: „Wie und wo wurden die Weine gelagert?“ Ein Keller mit konstanten Temperaturen von jahrein, jahraus 10 – 14° C hat nicht jedes Haus. Die Anschaffung eines isolierten Kellerraumes mit speziellen Weinklimageräten, Regalen und Platz für Holzkisten kann tausende von Euros verschlingen bevor die erste Kiste darin aufbewahrt wird. Grenzen nach oben gibt es nicht. Vergessen Sie gut gemeinte Ratschläge vom kühlen Schlafzimmer, vom gut durchlüfteten Kellerabteil oder vom alten Kühlschrank. Kurzfristig kann jeder Wein eine Temperatur von bis zu 20° aushalten. Auch Monate, wenn die Temperatur nicht zu stark schwankt. Aber wer Weine als Investmentgut kauft, muss dafür sorgen, daß seine Schätze bei konstanten 10°-12° Celsius, sowie erschütterungsfrei lagern, selten Licht abbekommen (bei OHKs kein Problem) und eine relative Luftfeuchtigkeit von 65-85% haben. Haben Sie endlich die Voraussetzungen geschaffen und das ersehnten „flüssige Vermögen“ verstaut, müssen Sie – sofern Sie nicht wegen der neuen Anlagestrategie ein Haus mit Erdkeller gekauft haben – die laufenden Kosten für Strom und Wartung der Kühlaggregate hinzurechnen. Haben Sie jetzt auf die richtigen Weine aus Bordeaux oder Burgund gesetzt, können Sie sich zurücklehnen um die Wertsteigerung zu verfolgen. Denn auch in den größten Krisenzeiten ist und war Wein weniger volatil als zB. Aktien. Ergänzend sei noch erwähnt, dass der Anteil der Weininvestoren in Österreich unter 1% liegt.

ENTWICKLUNG der BLUE CHIP WEINE  (12er OHK) in den letzten 6 Jahren
am Beispiel des Jahrhundertjahrgangs 2000
(ähnliche Wertsteigerungen werden für Jahrgang 2005 prognostiziert)

Wein

ca. Subskription-
spreis €

Derzeitiger ~ Marktwert €

Wertzuwachs
%

Cheval Blanc 2000

4.200.--

11.500.--

+ 174%

Haut Brion 2000

2.400.--

6.600.--

+ 175%

Mouton Rothschild 2000

2.700.--

7.500.--

+ 178%

La Mission Haut Brion 2000

1.500.--

6.000.--

+ 300%

Margaux 2000

2.200.--

9.500.--

+ 332%

Latour 2000

2.500.--

10.000.--

+ 337%

Lafleur 2000

4.900.--

22.000.--

+ 349%

Le Pin

8.000.--

36.000.--

+ 350%

Lafite Rothschild 2000

2.600.--

12.000.--

+ 362%

Ausone 2000

4.800.--

30.000.--

+ 525%

Petrus 2000

5.000.--

36.000.--

+ 620%

 

Weitere BLUE CHIP WEINE:

BORDEAUX

1982
Mouton Rothschild
Lafite Rothschild
Lafleur
Latour
Cheval Blanc
1989
Petrus
Haut Brion
La Mission Haut Brion
1990
Cheval Blanc
Le Pin
Margaux
Haut Brion
Petrus
1996
Latour
Margaux
1998
Cheval Blanc
Petrus
Le Pin
2000
siehe Tabelle oben
2003
Lafite Rothschild
Latour
Margaux
Ausone
2005*
Ausone
Haut Brion
La Mission Haut Brion
Margaux
Petrus
*min. 10 Jahre bis zur 1. Trinkreife. Parker hat sehr vorsichtig bewertet und hat aufgrund des großen Potenzials des Jahrgangs eine komplette Nachverkostung in frühestens 5-10 Jahren angekündigt (WineAdvocate Issue 176).
BURGUND
Wein – Produzent
Jahrgänge
Romanée Conti – Domaine de
la Romanée Conti (DRC)
1985 (kaum zu bekommen), 1990,
1998,1999, 2005
La Tache – DRC
1990, 1996, 1999, 2003, 2005
Richebourg – DRC
1990, 1999, 2003, 2005
Bedingt als Anlage empfehlenswert: Weine von Dugat-Py, Armand Rousseau,
Leflaive, Henri Jayer, Domaine Leroy
Burgunder Blue Chips sind wesentlich rarer als Bordeauxweine, da von den Topproduzenten die verschwindend geringe  Menge von 500 Kisten (á 12 Flaschen) produziert werden. Zum Vergleich: Ein Premier Grand Cru aus Bordeaux produziert ca. 14.000 Kisten!

 

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© Werner Feldner
- dieser Artikel erschien auch im FALSTAFF Lifestyle Magazin Ausgabe 5/2008

 

 

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